Aktuelles Kalenderblatt RO|800:
30. November
Am 30. November 1613 wurden die Innungsartikel der Roßlauer Schneider-Innung durch Fürst Rudolf von Anhalt-Zerbst (1576-1621) bestätigt, womit die zuvor gegründete Innung Leben und Rechte erhielt.
Diese alte Urkunde hat folgenden Wortlaut. Sie wurde in der heutigen Schreibweise gehalten. Des besseren Verständnisses wegen sind die in ( ) gesetzten Silben und Wörter hinzugefügt worden.
Von Gottes Gnaden:
Wir, Rudolf, Fürst zu Anhalt, Graf zu Askanien, Herr zu Zerbst und Bernburg p., für Uns, Unsere Erben und Nachkommen, auch sonst allmänniglich – thun kund und bekennen: Demnach Uns auch die Meister des Schneiderhandwerks Unseres Städtleins Rosslau neben erhalten (en) Amtsbericht und Uebergebung etlicher Artikel – unterthänig vorbringen lassen, wie sie einer Ordnung und Willkür um (zur) Erhaltung guten Friedens und Einigkeit, auch zu besserer Aufnahme und Fortpflanzung ihrer Nahrung Bedarf hätten, Uns derohalben inständigen Fleißes bitten lassen, ihnen die überreichten Artikel zu bestätigen: so haben Wir aus (nach) erheblichem Bedenken in Gnaden gewilliget, beengten Meistern des Schneiderhandwerks Unseres Städtleins Rosslau aus landesfürstlicher Obrigkeit zu erneuern und zu confirmiren, welches ihr ziemliches (geziemendes) Suchen wir ihnen zu (in) Gnaden und (zu) ihrer Besserung nicht versagen, noch abschlagen wollen: bestätigen derowegen solche Artikel in Kraft dieses Briefes wie hiernach folget:
Fürs erste: welcher sich in Unserm Städtlein Rosslau niederzulassen und diese Innung zu gebrauchen bedacht, soll zur gewöhnlichen Zeit der 4 Morgensprachen bei dem Handwerke (nach) suchen, sich nachmals mit der Materie gefaßt machen, folgendes (Mal) dieselbige thun und den Tag, wann er Materien, soll dem Handwerke 2 Gulden geben und erlegen, würden dann die dazu verordneten Meister befinden, daß er tauglich wäre und mit der Materien bezahlen, davon Uns, der Herrschaft, ein halber Teil und der andere Teil in die Lade kommen soll. Würde aber in der Materien nicht tauglich befunden, sollen alsdann die ersten 2 Gulden nichts (desto) weniger der Innung bleiben. Doch sollen diejenigen, so vor dieser Zeit auf den Dörfern besessen (angesessen) sein, mit der Materie verschont bleiben. Diejenigen aber, die sich nach Absterben eines Meisters auf dem Dorfe besetzen, sollen gleich anderen Materien und das Innungsgeld erlegen, zudem, weil sie die Innung in allen Punkten sowohl als die in der Stadt Rosslau genießen, so sollen sie auch nach der Ordnung nicht allein zu Handwerksmeistern gebraucht werden, sondern auch die Herbergen auf den Dörfern halten, damit also hinfort gebührliche Gleichheit hierinnen gehalten werde, dessen sie sich auch nicht verweigern sollen. Würde auch einer oder mehr ohne ehrhaftige Not, die er den Innungsmeistern vermelden soll, obgedachte Morgensprachen nicht besuchen, der oder dieselben sollen die Innung aufs neue wiedergewinnen. Weiter sollen die Meister-Söhne item Töchter und die nachgelassenen Witfrauen anderer Männer, so sich in ihre Innung begeben wollen, gleicher Gestalt die Innung bei dem Handwerke (nach) suchen, aber nur halbes Innungsgeld erlegen, auch nur halbe Materien machen, und so sie tauglich befunden, zugelassen werden. Wo auch ein Meister todeshalber abgehen würde und seine nachgelassene Witwe die Innung nicht behalten würde, soll dieselbige zur Erhaltung der Innung alle Quartal 1 Groschen in die Lade geben. Auch soll hinfort ein Lehrjunge, ehe denn er den Stuhl besetzt, dem Handwerk 1 Gld. und 1 Pfund Wachs erlegen und sein eigenes Bett halten, 12 Gld. zur Lehre geben, 2 Jahre lernen und 2 Jahre wandern, dagegen ihm das Handwerk, wann er ausgelernt, Bekenntnis seiner Lehre zu geben, soll schuldig sein. Desgleichen und so sich die Meister einer oder mehr, in ihren Zusammenkünften und Versammlungen oder sonst dermaßen ungeschickt und unbescheiden hielten, daß sie straffällig würden, soll das Handwerk Macht haben, sie darum zu büßen, und so die Strafe über 6 Groschen träget, die Hälfte Uns und Unsern Nachkommen überantworten, und die andere Hälfte in die Lade nehmen. Würde sich aber einiger Meister nicht büßen lassen, sondern widersetzlich machen wollen, sollen sie ferner Macht haben, demselbigen mit des Amtes Rosslau Vorbewußt das Handwerk zu legen, bis er sich mit ihnen verträget. Hierneben soll auch keiner auf 2 Meilen Weges von Rosslau, außer dem von Adel, im Amte das Handwerk treiben, er habe denn diese Innung gewonnen und sei ein Bürger zu Rosslau geworden. Ferner: wenn ein Meister einen Lehrjungen annehmen will, so soll der Knabe 2 Jahre lernen; nach verflossenen 2 Jahren soll der Lehrmeister gleichfalls einen Lehrjungen annehmen, wenn er will.
Würden auch wir oder unsere Nachkommen in künftiger Zeit befinden, daß die obgesagten und andere Artikel einer sonderbaren Aenderung und Besserung bedürftig, wollen Wir Uns zu jeder Zeit vorbehalten haben.
Sonder Arglist und Gefährde, urkundlich mit Unserm anhängenden fürstlichen Secret bestätiget.
Geschehen in Unserem Hoflager, Zerbst, am Tage Andreae, des 12 Botens (Apostels), war der 30. November im Jahre 1613.
Rudolf, Fürst zu Anhalt.
Dann schweigen die Akten. Sicher hat der Dreißigjährige Krieg mit der mehrfachen Zerstörung der Stadt auch alle Unterlagen einschließlich der Lade der Innung vernichtet. Das älteste überlieferte Protokoll eines Innungs-Quartals stammt vom 02. Oktober 1747.
Ein Binnentankschiff lief am 30. November 1958 als 250. Schiff seit der Wiederaufnahme des Schiffbaus nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Roßlauer Schiffswerft vom Stapel.
Am 30. November 1973 wurde die Ernst-Thälmann-Schule in der Rosselstraße feierlich übergeben. Der Schulbetrieb begann dann am 3. Dezember.
Christa Friedrich und Jutta Schories gründeten am 30. November 1990 die Paracelsus-Apotheke Roßlau OHG (seit 01. Juli 1997 Konstanze Friedrich und Jutta Schories und seit 01. April 2013 Konstanze Friedrich und Dr. Jens Prantz).
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